Carrera Servo 140 - V1 Feintuning

Ein Wagen, der gewissenhaft demontiert, gereinigt und mit brauchbaren Teilen wieder zusammen gesetzt wurde, sollte fahren und lenken können.
Meistens ist er in Rennen damit aber noch nicht rennfähig. Fertigungstoleranzen, Konstruktionsmängel und Verschleiss lassen eine breite Spannweite in den Rundenzeiten.
Der Artikel soll Hinweise geben, wo noch eine Zehntelsekunde rauszuholen ist.
Ich widme mich in erster Linie den V1 - Autos mit verschraubten Motoren, viele Hinweise sind aber direkt auf alle anderen Versionen übertragbar.
Die meisten der Hinweise habe ich mit Axel Rottmann ausprobiert und ausgiebig getestet. Letzte Änderung: 26.10.2004




Einführung

Motorleistung und Antrieb

Straßenlage allgemein

Bodenhaftung / Reifen

Zusatzgewichte

Magnete


Einführung

Grundsätzlich entscheiden über die Fahrqualität des Autos die Gebiete

  • Motorleistung, Reibungsverluste / Leichtgängigkeit
  • Lenkfähigkeit und
  • Straßenlage / -haftung,
wobei der zweite und dritte Punkt eng zusammen hängen.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Motorleistung und Antriebselemente

Hat man den Motor gründlich mit Waschbenzin ausgewaschen und gewissenhaft, wie im Artikel zur V1 - Basisarbeit beschrieben, neu abgeschmiert, so gibt es mit Hausmitteln kaum mehr an ihnen zu tun.
Eine Möglichkeit wäre, den Anker neu zu wickeln ( einen Beitrag für Servo 160 - Motoren fand ich hier ), aber das habe ich nicht probiert.
Interessant ist vielleicht noch die Beobachtung, dass Bühlermotoren nach einem langen Rennen sehr heiss geworden sind, während Mabuchimotoren eher handwarm blieben.
Häufiger hatte ich bei Bühlermotoren zerstörte Wicklungen. Davor kann man sich etwas schützen, indem man den Motor demontiert und die Wicklungen dünn mit klarem Nagellack überzieht.
Ist der Motor eindeutig zu schwach, hilft nur Austausch. Meistens ist der Wagen aber aus anderen Güründen zu langsam!
Tuning bei der Motorleistung ist also mit Hausmitteln nur möglich, indem man einen schnelleren Motor nimmt. Für Bühlermotoren gibt es den Rennmotor ( siehe Motorenliste ) und in Mabuchichassis passen Motoren von Scaleauto und Slot_it, bei denen bloss mit einer Trennscheibe auf der Dremel die Welle gekürzt werden muss.
Alle diese schnelleren Motoren haben den Nachteil, dass die Autos mit ihnen nicht mehr ausgewogen fahrbar sind. Meine besten Rundenzeiten schaffe ich immer noch mit den Standardmotoren.

Sehr wichtig ist das Zusammenspiel zwischen Motor und Hinterachse. Grundsätzlich vermeide ich Kunststoffritzelkäfige und -zahnräder. Sie laufen rauh und ungesund klingend zusammen.
Leicht abgenutzte Antriebsritzel sind kein Problem, man muss sie nicht gleich auswechseln. Ein gewisser Zufallsprozess ist es aber, eine optimal zum Motor passende Achse zu finden. Ich baue eine ein, teste den Wagen und wenn mir das Ergebnis nicht gefällt, drehe ich sie erstmal um. Die Unterschiede sind oft gewaltig. Die richtige Hinterachse hat natürlich auch Einfluss auf die Straßenlage, vor allem beim Beschleunigen.

Viele Autos sind auch zu langsam, weil irgendwo im Wagen zu viele Verluste durch Reibung entstehen.
Grundsätzlich kann man alle beweglichen Teile leicht (!!!) ölen - grün im Bild umkreist. Nehmt unbedingt ein nicht verharzendes Öl, wie z.B. Ballistol oder Nähmaschinenöl.
Einen genaueren Blick sind auch alle Laufflächen wert. Ungenau gefertigte oder zerkratzte Stellen lassen sich sehr oft mit einer Schlüsselfeile oder feinem Schleifpapier nacharbeiten.
Erste Kandidaten hierfür sind die Lauffläche des Kronenritzels, daß ja durchgehend vom Motor mit gedreht werden muss und die Paarung der Vorderräder / Achsschenkel.
Außerdem bremst Dreck an allen Achsen und Wellen, der aber schliesslich schon bei bei den Basisarbeiten entfernt werden sollte.
Alle Räder sollen etwas nachlaufen, nachdem man ihnen Schwung gab.
Achtet auch darauf, dass das Lenkritzel nicht zu stark auf das Kronenritzel drückt, lieber die Schrauben der Motorhalterung etwas lösen.
Nicht selten schleift auch ein Rad an Chassis oder Karosserie. Dreht an allen Rädern, schiebt die Karosserie in alle Richtungen hin und her und schaut genau hin. Als Nichtsammler bin ich recht rigoros: Was schleift, muss ab. Manchmal reicht es, etwas dünnere Reifen aufzuziehen oder Achsen mit konischen Felgen gegen welche mit zylindrischen Felgen oder andersherum zu tauschen.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Straßenlage allgemein

Die Straßenlage bietet den meisten Raum zu Verbesserungen. Dazu gehört es, die Standardbauteile zu überprüfen, aber auch Zusatzgewichte und Magnete können entscheidende Vorteile bringen.
Kein Wagen wird ordentlich fahren, wenn das Chassis verzogen ist. Stellt das nackte Chassis auf eine ganz ebene Fläche und blickt von allen Seiten darunter. Es muss gleichmäßig aufliegen.
Dann montiert die Achsen und Räder. Seht nach, ob alle Reifen die Standfläche berühren. Rollt den Wagen etwas hin und her. Hängt ein Reifen in der Luft oder eiert, gibt es verschiedene Ursachen:

  • Verbogene Hinterachse --> Auswechseln!
  • Reifen oder Räder ungenau montiert --> Korrigieren!
  • Reifen ungleichmäßig abgefahren --> Auswechseln!
Beobachtet auch seitlich, ob keines der Räder eiert, schon leichte Abweichungen vom Sollzustand verschlechtern die Straßenlage merklich. Die Hinterachse kann z.B. so verbogen sein, dass beide Reifen glatt aufliegen, sich aber bei jeder Drehung der Hinterwagen hebt und senkt.
Vorderräder haben immer etwas Spiel, je weniger, desto besser. Da kann man leider wenig dran ändern. Ich bevorzuge prinzipiell genietete Felgen, da sie erfahrungsgemäß weniger Spiel haben - der Vorderwagen wird sauberer geführt.
Es gibt Leute, die Vorderräder feinwuchten können, was vielleicht einen echten Vorteil bringt, aber wozu den meisten Hobbybastlern wie mir wohl die Werkzeuge fehlen. Andererseits konnte ich nicht feststellen, dass meine Wagen mit Alufelgen - die gut ausgewuchtet sind - besser fuhren.
Mit niedrigerem Schwerpunkt kippt der Wagen schwerer. Mögliche Maßnahmen sind Entfernen des Fahrereinsatzes, Tieferlegen der Karosserie und Zusatzgewichte ( siehe weiter unten in diesem Artikel ).
Die Drähte der Führungshörner müssen ganz leicht nach innen gebogen sein, damit sie sich gut in die Innenkurvenschienen einhaken können.
Das Rasanto-Set sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Es besteht aus Plastikführungshörnern vorne und unterschraubbaren mittleren Führungshörnern. In kombination mit den aufsteckbaren Innenkurvenzusatzführungen ( gelb oder rot ) lassen sich Innenkurven viel schneller durchfahren. Ich mag sie aus Prinzip nicht!

Weitere wichtige Punkte für die Straßenlage:

  • Das Vorderachsgewicht soll sich leicht hin- und herschieben lassen.
  • Die Motorhalterung soll nicht zu fest angezogen sein, sie könnte das Chassis verziehen und das Lenkritzel zu stark auf das Kronenritzel drücken.
  • Die Karosserie darf nur leicht auf das Chassis geschraubt werden. Auch sie kann das Chassis sonst leicht verziehen und ihr Gewicht soll entkoppelt sein. Nehmt lieber mal den Verlust einer Schraube in Kauf.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Bodenhaftung / Reifen

Die Reifen entscheiden darüber, wie gut die Motorkraft auf die Bahn übertragen werden kann, wie schnell der Wagen durch Schikanen kommt und ob er überhaupt lenken kann.
Daß alte, ausgehärtete Reifen ausgewechselt werden müssen ist wohl klar. Selbst wenn nur die Lauffläche erste Spuren des Alters zeigt, gehören sie erneuert. Ich habe mit keiner Rettungsmethode, wie "in Weichmacher einlegen", gute Erfahrungen gemacht.
Die ersten beiden Reifen sind alt und sogar schon gerissen. Ich habe sie nur für´s Fotografieren nochmal aus dem Papierkorb geholt.
Nummer 3 - 5 sind weich gebliebene Originalreifen. Schön, wenn man mit viel Glück welche erwischte, sie sind durchaus sehr gut.
Reifen Nr.7,8 und 9 zeigen Reproreifen von Heisse-Reifen.de, wie ich sie hauptsächlich verwende. Nummer 7 ist der Nachfolger von Nr.8 mit verbesserter Gummimischung. Sie bieten ordentliche Haftung, nutzen langsam ab und sind günstig. Es gibt sie in verschiedenen Größen für diverse Felgentypen.
Einen bedeutenden Fahrgewinn stellen spezielle Rennreifen ( Nummer 6 zeigt z.B. Ortmannreifen ) dar. Ich habe bisher nur Erfahrung mit Reifen von Ortmann ( Bezug und Preisliste direkt über michael.ortmann@gmx.de ). Bevor man solche und ähnliche Reifen einsetzt, sollte man sich über Nebenwirkungen schlau machen. Sehr ausführlich werden Vor- und Nachteile in Slotcarforen ( DSCF oder scaleracingforum.de ) diskutiert. Das Spektrum von Ortmann, Wiesel, Silikon bis Moosgummi etc. ist groß. Zusätzlich gibt es Reifenhaftmittel und sonstige Chemiebomben, die teilweise auch Kunststoffbahnen angreifen.
Solche Rennreifen werden auch ab und zu bei Ebay unter diversen Bezeichnungen wie "Rennslicks" angeboten. Allerdings kann man kaum unterscheiden, ob man dann nicht gewöhnliche Reproreifen von Wucherern erwischt.
Interessant ist noch die Möglichkeit, Moosgummireifen selber herzustellen ( Slotkeller ).
Für die Vorderräder sind O - Ringe aus dem Baumarkt ( Bild Nr.10 Außendurchmesser: 14mm Innen: 9mm ) als Alternative geeignet, wenn sie keine Grate haben oder zu hart sind.
Ab und zu reinige ich Reifen mit warmem Wasser und etwas Spülmittel. Sie lassen sich anschleifen, indem man den Wagen auf die Bahn stellt, festhält und die Räder auf Schleifpapier drückt. Für Freaks gibt es spezielle Reifenschleifmaschinen!

Die besten Reifen helfen nicht, wenn das Chassis zu tief liegt. Auf einer glatten Fläche mag der Wagen noch Bodenfreiheit haben, aber die Schienen sind meist nicht völlig eben, so daß das Chassis aufliegt.
Verschiedene Symptome von durchdrehenden Rädern bis zu Überdrehungen aus Innenkurven sind die Folge. Ich habe bei einigen Wagen die Wölbung am Chassis unter dem Antriebsritzel plan geschliffen. Vor dieser etwas radikalen Maßnahme ist zu kontrolliere, ob die Reifen nicht schlicht zu abgenutzt sind und ob der Motor vielleicht schräg eingebaut wurde. Letzteres lässt sich beheben, indem man die Motorhalterung noch mal löst und bei geradem Motor wieder anzieht.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Tuning mit Zusatzgewichten

Als Zusatzgewichte verwende ich Bleigewichte aus dem Anglerbedarf. Sie lassen sich leicht mit einer Kombizange in die gewünschte Form pressen oder zerteilen. Bewährt haben sich Größen von 1g bis 3g. Hat man die länglichen Gewichte, kann man sie flach drücken und unter den Motor klemmen und eventuell mit einem Tröpfchen Sekundenkleber fixieren. Eine bessere Methode zum Befestigen ist eine klebrige Knetmasse namens Bostix, welches meines Wissens nicht frei im Handel zu bekommen ist. Es müßte aber auch z.B. durch Fensterkit oder eine andere klebrige Knete zu ersetzen sein.

Bevor ich in einen Wagen Gewichte einsetze, fahre ich erst sehr viel mit ihm und versuche alle anderen Feintuningmaßnahmen auszuschöpfen, ohne dass die Fahreigenschaften verfälscht sind.
Meine Erfahrungen haben ergeben, daß die Hohlräume neben dem Motor die besten Stellen zum Anbringen sind. Um zu entscheiden, wieviel und wohin kommen soll, muss man sich über die Wirkung der Gewichte klar sein:

  • Eigengewicht des Wagens ist höher, Trägheitskräfte und -momente dadurch ebenso. Je näher das Gewicht an dem Schwerpunkt des Wagens ist, desto weniger ändert sich das Trägheitsmoment. Vereinfacht: ist das Gewicht weiter vom Automittelpunkt weg, dreht sich der Wagen z.B. langsamer aus Innenkurven heraus. Aber wenn der Drift begonnen hat, lässt er sich auch schwerer wieder stoppen.
  • Je tiefer und flacher das Gewicht sitzt, desto niedriger der Schwerpunkt, womit der Wagen weniger leicht kippt.
  • Gewichte erhöhen den Druck auf die Räder. Weiter vorne lenkt der Wagen tendenziell direkter, weiter hinten erhöht sich die Bodenhaftung der Antriebsräder - gut für´s Beschleunigen und gut für Innenkurven
Fangt mit wenig Gewicht an, natürlich immer auf beiden Seiten symmetrisch. Vielleicht 1g jeweils. Fahrt genügend Testrunden, bevor ihr erhöht.
Für die Feinabstimmung der Fahrzeuge gilt hier, genau wie beim Magnettuning, dass das Optimum für jeden Wagen je nach aufgebauter Strecke neu zu finden ist. Der Champion auf der einen Bahn war auf der nächsten Strecke manchmal kaum fahrbar.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Tuning mit Magneten

Das Tuning mit Magneten ist erstens Geschmackssache und zweitens eine Frage des Feingefühls. Sehr vorsichtig eingesetzt, kann es die Fahreigenschaften mancher Wagen sensationell verbessern, ohne ihren Charakter zu verwaschen. Umgekehrt kann man es leicht übertreiben. Der Wagen wird träge oder fährt wie auf Schienen.
Die verwendeten Magnete stammen von Ebay. Sucht nach "neodym, magnete, supermagnete" etc.. Meine sind rund, 2mm dick und haben einen Durchmesser von 3mm bzw. 4mm.
Zum Platzieren und Befestigen: In erster Linie wirken Magnete ähnlich wie Gewichte, indem sie den Druck der Räder auf die Straße erhöhen. Die beiden vorderen eingekreisten Stellen am roten Wagen nutze ich nie, sind aber möglich, um die Haftung der Vorderräder zu erhöhen.
Generell kommen für mich die mittigen Stellen hinten in Frage. Eine Bohrung unter dem Getriebekasten, dort wiederum möglichst weit hinten, in passendem Durchmesser erlaubt, die Magnete einfach einzustecken. Sie klemmen gut fest, lassen sich aber noch in der Höhe und damit in der Kraft regulieren. Als Nebeneffekt ziehen sie das Eisen im Ritzelkäfig an, so dass er beim Gaswegnehmen oder Spurwechsel schneller wieder herunterfällt und den Freilauf ermöglicht.
Ist die Magnetwirkung zu stark, lässt sich der Magnet mit einer Zange leicht zerteilen. Die Bruchstücke kann man, wie beim Chassis rechts zu sehen, vor der Karosseriebefestigung mit Sekundenkleber einkleben. Etwas lästig, da selten die genaue Höhe auf Anhieb stimmt. Dieser Punkt hat zudem den Nachteil, weiter hinter der Hinterachse zu sitzen, so dass der Vorderwagen angehoben wird und sich die Lenkwirkung verschlechtert.
Beide hinteren Befestigungspunkte haben den Vorteil gegenüber dem Gewichtstuning, dass sie das Heck des Wagens über den inneren Stromleitern führen. Zu kräftig, schlägt es ins Gegenteil um - der Wagen mag nicht mehr zum Spurwechsel seine Bahn verlassen.
Winzigste Änderungen in der Höhe zeigen schon Wirkung. Das Magnettuning ist ein Gebiet des Ausprobierens und der vielen Fehler. Viel Spass damit!

Zurück zum Inhaltsverzeichnis