Carrera Servo 140 - V1 Basisarbeit




Vorweg: V1-Autos sind die Autos mit starrem Chassis und Wippschleifern. Die meisten der folgenden Ausführungen beziehen sich ausschliesslich auf diese, vieles ist aber auch auf V2 - und etwas auch auf V3 - Wagen übertragbar.
Grundsätzlich unterscheide ich die drei Varianten, die im Bild oben zu sehen sind (von links nach rechts):
  • V1 mit Bühlermotor
  • V1 mit geschraubtem Mabuchimotor
  • V1 mit geklemmtem Mabuchimotor

Zu sehen sind hier noch ein Bühlermotorchassis mit Rennmotor und ein Mabuchimotorchassis mit angepasstem Scale-Automotor. Sie unterscheiden sich prinzipiell nicht von den aufgelisteten Varianten.
Soweit die Theorie. Nun gehe ich davon aus, dass ich einen neu erworbenen, gebrauchten, jahrelang verstaubten und gealterten Wagen vor mir liegen habe - dieselbe Prozedur lasse ich auch allen Wagen ab und zu mal angedeihen.
Anstatt ihn auf die Bahnzu setzen und zu sehen, dass er eh nicht funktioniert, schaue ich ihn mir von unten an. Mich interessieren dabei mögliche Schäden am Chassis und Zustand der Schleifer und Reifen.
  • Reifen hart? Kein Problem, kaum anders zu erwarten. Reifen müssen aber rundum griffig sein. Also Ersatz beschaffen (Bezugsquellen unter Links). Schwierig wird das für die Vorderradfelgen mit Steg. Besser sind die Felgen mit Rille, wie sie meist an den älteren Bühlermotorchassis oder oft an Hinderniswagen zu finden sind. Ich habe sie noch nicht als Neuware zu kaufen gefunden. Da hilft nur Sammeln durch Ausschlachten, wie für viele andere Teile auch.
  • Schleifer hinüber? Kein Problem, kaum anders zu erwarten. Auch hier muss Ersatz her, wenn sie sich nicht doch noch als besser erweisen. Dazu später ganz am Ende mehr, wenn der Wagen wieder zusammen gesetzt wird.
  • Abstandhalter hinten abgebrochen? Das kann man reparieren. Auch dazu erst später mehr.
  • Führungshorn vorne abgebrochen? Ärgerlich, dafür kenne ich keine Lösung bisher. Mit Kleben habe ich da keine Erfahrung, da ich noch nie das Führungshorn mit geschickt bekommen habe - jedenfalls wäre ich etwas skeptisch, ob eine Klebeverbindung den auftretenden Belastungen gewachsen ist. Das wäre ein klarer Ausschlachtkandidat für die Ersatzteilgewinnung.

Fehlt dem Wagen nichts Gravierendes, so löse ich die Karosserieschrauben und löte eine eventuell vorhandene Beleuchtung ab. Die Karosserie reinige ich unter fliessendem, warmem Wasser mit einem Tropfen Spüli und weicher Zahnbürste.
Nun wird das Chassis komplett auseinander genommen. Besondere Vorsicht ist bei den Achsschenkeln geboten, denn der kleine Haken für die Lenkfeder bricht sehr leicht ab, was den Schenkel zu Müll macht, wenn ihr ihn nicht gegen einen aus einem Hinderniswagen tauschen könnt. Alle Teile außer den Schrauben wische ich mit Papiertuch ab, bevor ich sie bei normaler Verschmutzung mit Wasser/Spüli oder bei fieser Verfettung mit Waschbenzin richtig putze. Zeit, mich den einzelnen Komponenten zu widmen:

Motor

Der Motor muss natürlich auch ganz raus. Ich löte ihn so ab, dass die elektronischen Teile am Motor selbst verbleiben. Mit einer Hand halte ich dann das Antriebsritzel fest, mit der anderen teste ich, ob das Lenkritzel fest sitzt. Dreht es sich auf der Welle, nehme ich es ab. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Lenkritzel bei den Bühlermotoren meist gut halten, während sie bei den Mabuchimotoren sehr oft gerissen sind. Nun kommt der Motor in ein Marmeladenglas mit Waschbenzin. Schwenkt das Glas leicht, damit das Benzin auch wirklich ordentlich ins Innere läuft. Nach einer Stunde nehme ich den Motor und reinige insbesondere den Ritzelkäfig gründlich mit einer (anderen) Zahnbürste. Die schwarze Schmiere muss raus aus den Zähnen.
Dann kommt er nochmal in ein anderes Glas mit saubererem Benzin zum Ausspülen etwaiger loser Dreckreste.
Nun muss das Teil erstmal ordentlich trocknen. Das dauert eine ganze Weile, bis innen wirklich kein Benzin mehr ist, und das soll nicht sein, damit es nicht neu angebrachtes Öl gleich wieder löst und verteilt.
Jetzt kann ich schon vage erkennen, ob der Motor ein Guter zu werden verspricht: Der Ritzelkäfig soll praktisch von alleine nach unten fallen. Etwas abgenutzt aussehende Ritzel schaden meiner Erfahrung nach nicht, solange sie noch sauber ineinander greifen. Die Welle soll sich nicht zu schwer im Motor drehen lassen. Leichter Widerstand ist normal.
Kurz teste ich am Trafo, ob der Motor überhaupt läuft. Wenn ja: gut. Wenn nein: Anderen Motor nehmen oder Auto als Ersatzteilspender ansehen. Eventuell braucht der Motor sein Lenkritzel wieder. Wir können zu Not das alte nehmen, das vermutlich gerissen ist. Dazu rauhe ich die Welle mit feinem Schmirgelpapier an, tupfe wenig Sekundenkleber in die Ritzelbohrung und stecke es auf. Das hält erstmal, aber nicht unbedingt dauerhaft.
Ich gönne mir grundsätzlich ein Ersatzritzel aus Messing (über die bekannten Bezugsquellen zu kriegen). Achtung: Bühler und Mabuchi haben leicht unterschiedliche Wellendurchmesser; bei der Bestellung mit angeben!
Sehr wichtig beim Montieren des neuen Ritzels: Stellt den Motor mit dem Ritzelkäfig gerade auf eine sehr feste Unterlage, damit die Welle kein Stück verrutschen axial kann. Dass sie etwas Spiel hat, ist richtig so, es darf aber keinesfalls der Anker auf der Welle (im Motorinneren) verrutschen. Das Aufschlagen mache ich mit der schmalen Seite eines sehr kleinen Hammers. Es ist so schwer, ordentlich zu treffen, wie es aussieht. Klopft es so weit rauf, bis es etwa einen Millimeter Abstand zum Gehäuse hat, es also nicht berührt. Nehmt ein Chassis MIT Lenk-Kronenritzel (das Teil, wo das Lenkritzel eingreift), um den korrekten Sitz zu überprüfen. Mit einem Schraubenzieher bringe ich an den Wellenlagern jeweils ein winziges Tröpfchen Nähmaschinenöl auf. Die Antriebsritzel fette ich mit ein wenig Kugellagerfett. Was ihr hier zu viel nehmt, verteilt sich eh wieder in Chassis, Karosserie und auf der Bahn. Der Motor ist soweit.

Hinterachse

In der Regel haben sich viele Haare und sonstige Fasern um die Achse (eigentlich ist es eine Welle und keine Achse) gewickelt. Die müssen mit Pinzette und kleinem Messer sorgfältig entfernt werden. Nochmal die kleinen Laufbuchsen nach außen schieben und darunter sauber machen. An dieser Stelle vergleiche ich mit einer bereit liegenden Achse, ob der Abstand der Antriebszahnrädern auf der Achse stimmt. Wenn nicht, muss das korrigiert werden (siehe dazu das "HowTo" in der Bastelsektion.
Jetzt ziehe ich Reifen auf und rolle die Achse auf einer völlig ebenen Fläche, um zu sehen, ob sie nicht eiert. Oft hat man die Reifen unsauber aufgezogen, so dass sie an einer Seite dicker als gegenüber sind. Damit ist die Achse fertig.

Vorderachsschenkel und -räder

Die Vorderräder müssen sich frei und leicht drehen können. Meist sind die Achsen auch hier verschmutzt. Am Besten auseinander nehmen. Bei geschraubten Felgen kein Problem, für genietete hilft die Methode aus dem HowTo.
Vor allem die Laufflächen müssen sauber sein. Sitzt die Felge zu stramm auf der Achse, so kann man mit einer einer Schlüsselfeile (3 mm rund) vorsichtig nacharbeiten. Dann können die Räder gleich wieder rauf. Festschrauben oder Niet mit Zange eindrücken.


Lenkmechanik

Hier liegt der Schlüssel zum Spurwechselvermögen. Pingeligkeit wird auf der Rennbahn belohnt!

Zur Begriffserklärung: Von links nach rechts zeigt das Foto einen vollständigen Vorderachsschenkel, Lenkfeder, Lenkbrücke, Lenksegment (habe einfach keinen guten Namen dafür) und Kronenritzel.

Das Chassis liegt vor mir, ich bringe an die beiden Aufnahmen der Lenkungsteile ein klein wenig Öl auf. So verdreckt der Wagen natürlich etwas schneller, aber jeder hier auftretende Reibungsverlust beeinträchtigt das Fahrverhalten. Ich beginne mit dem Kronenritzel. Meist hat es noch einen Gussgrat seitlich unten. Den entferne ich mit Messer oder flacher Schlüsselfeile. Ritzel aufstecken und testen, ob es sich leichtgängig und sauber dreht. Das Lenksegment und die Lenkbrücke ebenfalls aufstecken und auf Leichtgängigkeit überprüfen. Die Bohrungsdurchmesser unterscheiden sich geringfügig bei Bühler- und Mabuchichassis (vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber ich meine beobachtet zu haben, dass die Teile nicht voll kompatibel sind). Hier kann man mit einer scharfen Messerspitze etwas nacharbeiten. Die manchmal vorhandenen Nippel an der Lenkbrücke haben den Zweck, den Lenkeinschlag Richtung Vorderachsgewicht einzuschränken. Im normalen Fahrbetrieb schlagen die Röäder nie so weit ein, können durch diese Begrenzung aber auch durch äußeren Einfluss weniger leicht gegen die Karosserie oder Chassikante gedrückt werden.
Die Achsschenkel kommen ran (manchmal öle ich sehr leicht ihre Aufnahme am Chassis) und die Lenkfeder wird eingehakt. Seht zu, dass sie nicht überdehnt wird. Ihre Zugkraft ist ziemlich gut und genau dimensioniert im Originalzustand.
Die montierte Mechanik prüfe ich durch Drehen am Kronenritzel. Es soll bei Richtungswechsel das Lenksegment sauber greifen und auf die andere Seite führen. Durch die Lenkfeder wird das Segment durchgehend ans Ritzel gedrückt. Bei den hohen Drehzahlen im Fahrbetrieb rattert das dann nicht mehr, sondern schleift eher leicht entlang und hakt erst wieder ein, wenn der Motor beim Lenken seine Drehrichtung wechselt, also kurz still steht. Verschleiss sah ich nie an den Zähnen des Segments, öfter aber am Kronenritzel.
Die Räder sollen leicht einschlagen. Manchmal sind am Lenksegment die nach vorne zeigenden Hörner abgestoßen, was den Lenkeinschlag verringert. Auf servo140.com gibt es eine Anleitung das zu reparieren, die aber die Gefahr birgt, dass der Lenkeinschlag dann zu groß wird. Der Wagen wird dann zu kräftig gegen die Bande lenken.

Endmontage

Der Wagen ist bald fertig. Sofern vorhanden, schraube ich jetzt das Gewicht vorne ran. Es soll sich noch leicht seitlich verschieben lassen. Eventuell muss die Aufnahme auch mit der Schlüsselfeile nachgearbeitet werden.
Hinterachse montieren, Laufbuchsen ölen und Motor wieder anlöten. Die gesteckte Motorhalterung kommt einfach wieder rein, bei der geschraubten muss beachtet werden, dass sie nicht zu fest angezogen wird, damit das Lenkritzel nicht zu stark auf das Kronenritzel drückt und damit unnötige Reibung verursacht. Es dürfen auch keinesfalls Anbauteile des Motors die Lenkung behindern.
Eventuell Führungshörner und auf jeden Fall Schleifer montieren. Zur Schleiferjustage schaut auch ins HowTo.

Und so soll das fertige Chassis aussehen. Exemplarisch ein Mabuchimotorchassis mit geschraubter Motorhalterung.


Es folgt die erste Proberunde. Setzt den Wagen erstmal auf, haltet ihn fest und lasst den Motor langsam etwas einlaufen. Die Lenkung sollte einwandfrei und sofort auf Lenkbefehl einschlagen! Jetzt könnt ihr eine Runde fahren. Natürlich hat das Chassis ohne Karosserie noch ein anderes Fahrverhalten. Funktioniert es ordentlich: Karosserie drauf und losfahren. Auch hier dürfen die Schrauben wieder nicht zu fest angezogen werden. Die Karosserie soll sich frei seitlich bewegen können, dabei helfen die originalen Distanzhülesen. Gefällt das Fahrverhalten immer noch nicht, folgt die mühselige Test- und Feinarbeit. Dazu folgt ein Artikel zum Expertentuning.

Letzte Änderung: 14.10.2004